Mehr Projektinfos: Botschaft der Wildtiere

Botschaft der Wildtiere: Making Of

Normalerweise entwickeln wir bei Restaurant-Projekten die Grundidee für die Innenraumgestaltung passend zum gastronomischen Konzept des Restaurants. In der Botschaft der Wildtiere war das anders: hier war das Thema 'Wildtiere' von vornherein gesetzt. Es standen uns aber unzählige Möglichkeiten offen, das Thema in den Entwurf einzuflechten.

Eine Fragestellung aus der Ausstellung hat uns von Anfang an beschäftigt: 'Wie wohnen die Tiere?' Diese Frage führte uns zu der Überlegung, dass auch Tiere oft als Architekten tätig werden und faszinierende räumliche Strukturen erschaffen – nicht nur Wohnungen, sondern auch 'Übergangsunterkünfte' wie Insektenkokons. Worin uns die Tiere weit voraus sind, ist das ressourcenschonende Bauen mit nachwachsenden Baustoffen: Zweige und Blätter werden zu Vogelnestern, selbst produzierte Seide zu Spinnennetzen oder Papier aus zerkautem Holz zu Wespennestern.

Wie lebt es sich als Tier?

Die Frage 'Wie wohnen die Tiere?' beinhaltet auch die Überlegung, wie es sich wohl anfühlt, in einer tierischen Behausung zu leben. Daraus haben wir die Idee der Kobel entwickelt, die den Restaurantgästen dieses Wohn-Experiment ermöglichen sollen. Die aus Zweigen gewobenen Kuppeln haben wir den Nestern der Vögel und Eichhörnchen abgeschaut. Das Grundprinzip ist gleichgeblieben: eine schützende Hülle mit einem weichen, behaglichen Innenleben und der Möglichkeit, die Außenwelt durch die Öffnung zu beobachten. Die Baubarkeit der Kobel haben wir an einem Modell im Maßstab 1:10 getestet und dabei vor allem das Verhalten der Zweige beim Verflechten kennengelernt.

Ein Glücksfall war es, dass unser Auftraggeber selbst die Zweige für die Kobel und das Schwartenholz für den Tresen zum Projekt beitragen konnte. Die Deutsche Wildtier Stiftung bewirtschaftet in Brandenburg das wildtierfreundliche Gut Klepelshagen, zu dem auch ein Wald gehört. Bei einem Besuch dort konnten wir zusammen mit dem Gutsleiter die Bäume aussuchen, die bei der nächsten Bestandspflege gefällt und deren Schwartenholz für unser Projekt verwendet wurden. So steckt jetzt ein echtes Stück Klepelshagener Wald im Restaurant.

Von der analogen in die digitale Welt

Für die Kobel war die auf Material und Haptik konzentrierte Arbeit am Modell die beste Wahl. Auch für die Idee des 'Waldes' aus Filzstreifen haben wir zunächst 1-zu-1-Filzstreifen geschnittenen und dabei überlegt, welche Form unseren Vorstellungen am besten entspricht. Ebenso handwerklich war der Entwurfsprozess der 'Kokonleuchten', den wir auf der Seite über unsere Arbeitsweise genau beschrieben haben.

Um das Zusammenspiel unserer Gestaltungselemente zu prüfen, war ein Wechsel von der Werkbank an den Computer nötig. So konnten wir 5.500 virtuelle Kopien unseres Filzstreifens an die Decke des Gebäudemodells hängen und die Lichtwirkung der Kokonleuchten und der übrigen Leuchten überprüfen. Fast nebenbei fanden wir heraus, dass auch der Wechsel der Tageslichtstimmungen im Gastraum sehr beeindruckend ist – so beeindruckend, dass wir einen kurzen Film mit den verschiedenen Lichtstimmungen gemacht haben.

Auch am Abend kann die Lichtstimmung im Raum verändert werden, denn die Filzelemente werden von Leuchten mit Farbsteuerung angestrahlt. So kann der Filzwald nach Wunsch in jede beliebige Farbe getaucht werden. Die nach unten leuchtenden Strahler hingegen können nicht farblich angepasst werden, damit die Tische mit den Speisen in jedem Fall neutral beleuchtet werden.



Ein Blick in die Nebenräume

Von der Gesamtfläche von 395 m² werden 196 m² für den Gastraum und 60 m² für die offene Küche genutzt. Die restliche Fläche nehmen die Nebenräume für Gäste und Mitarbeitende ein.

Um bei den Nebenräumen auf der begrenzten Fläche eine möglichst hohe räumliche Qualität zu schaffen, gestalten wir die Gäste-WCs unserer Projekte seit einigen Jahren als Unisex-WCs. Das beseitigt einerseits die Ungleichheit, die beim Bereitstellen der offiziell geforderten WC-Räume entstehen würde, bei der es zu wenig Damen-WCs und entsprechende Schlangen im Damenbereich gäbe. Andererseits nimmt diese Art der Gestaltung auch auf die Bedürfnisse von Trans- und non-binären Menschen Rücksicht. Deshalb sind die WC-Kabinen als autarke Räume mit festen Wänden und eigenen kleinen Handwaschbecken ausgeführt. Der gemeinsame Waschraum steht allen als Zusatzoption zur Verfügung.